Was hat ein nordfischbaby denn eigentlich mit Sputnik zu tun?

Oder endlich: Der Megaquitzchenmittwoch.

Runde 12. Runde 12, das bin ich. Was das bedeutet, wusste ich allerdings vor einigen Wochen selbst noch nicht. Runde 12, das bedeutet im Prinzip nichts anderes als: ich darf Comics lesen. Und zwar einen ganz bestimmten: „Die Sputnik-Jahre“.
Und das nicht nur zum Spaß, nein – hier geht es um harte Arbeit. (Okay, das war jetzt auch eher Quatsch).

Ich finde Comics eigentlich schon immer toll. Das bezieht sich das im Großen und Ganzen allerdings auf das Lesen von Disney’s Lustigen Taschenbüchern. Und das wiederum hört sich nun sicherlich für den einen oder anderen „echten“ Comic-Nerd wie ein flauschiges und nicht ernstzunehmendes Maunzen meinerseits an.
Dabei habe ich diesbezüglich klare Prinzipien: Donald ja, Mickey nein. So einfach ist das.

Die kindliche Comic-Sammelwut packte nicht nur mich, sondern auch meinen „kleinen Bruder“ (1,96m). Gemeinsam verfügen wir über einen Schatz, der in etwa 300 Lustige Taschenbücher, diverse Donald Hefte und um die 250 Mickey Maus Hefte (ja, ich weiß!!) umfasst. Hinzukommen diverse Sonder-, Sammel- und Spezial-Editionen.

Um so mehr freute mich also die Anfrage von Christoph „quitzi“ Wienke, ob ich bei seiner kleinen Blogreihe: „Der Megaquitzchenmittwoch“ zum Thema Comics mitmachen möchte. Mit im Boot bei dieser sympathischen Reihe sind unter anderem die geschätzten Kollegen Jetteken, Hilliknixibix, Huck Haas samt Frau oder aber auch der verehrte Herr Nilzenburger.

Quitzi-Christoph (den ich übrigens noch nie in echt traf, obwohl ich bereits zweimal in seinem Comicladen in Berlin in der Torstraße war) fragte mich also, ob ich bei seiner Aktion mitmachen möchte. Da ich nicht viel von dem verstand, was „Megaquitzchenmittwoch“ bedeuten sollte, ich Quitzi aber mag, sagt ich kurzerhand ja.

Bereits wenig später lag ein kleines Paket auf meinem Schreibtisch. Nicht groß war es, aber recht dick. Comics hatten bisher für mich Tim & Struppi-Dicke. Oder Lucky Luke-Dicke. Oder Gaston-Dicke. Oder eben im schlechtesten Fall Mickey Maus-Dicke. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, ein Comic in mittlerer Kochbuch-Dicke besessen zu haben.

Neugierig packte ich also das Päckchen aus. Und dann hielt ich mein Dings und damit meine ich mein persönliches Comic-Rezensions-Exemplar in den Händen: „Die Sputnik-Jahre“.

Das Buch fühlte sich gut an. Die Haptik der Oberfläche des Buchdeckels erinnert an Fairtrade-Dawanda-DIY-Ökokarton. Und das mag ich. Der Comic kostet 29 Euro. Das finde ich viel, aber man merkt es der Qualität auch an.

Der französische Comic wurde von Hervé Barulea aka Baru geschrieben und gezeichnet und die deutsche Fassung ist im Berliner Reprodukt Verlag erschienen. Ursprünglich erschien der Comic übrigens in vier Teilen. Was eigentlich ganz witzig ist, da ich das Buch auch in etwas in vier Etappen gelesen habe. Und weil ich so lange für die gut 200 Seiten gebraucht habe, erstreckte sich die Lesephase sogar über zwei komplette Jahreszeiten: Schwimmbadzeit und bunte Laubblätterzeit.

Die Geschichte spielt in den 50er-Jahren in Frankreich. Genauer: in Lothringen.

Hauptfigur ist Igor. Igor hat drei Comic-Haare auf dem Kopf. Igor trägt gerne rote Turnschuhe. In meiner Vorstellung fehlen Igor diverse Zähne (durch Raufereien, Baumhausunfälle…) aber ich habe das noch einmal überprüft und ehrlich gesagt entdecke ich in keiner Zeichnung einen fehlenden Zahn. Im Gegenteil, Igors Gebiss scheint aus zwei durchgehend weißen Kauleisten zu bestehen. Igor liebt Fußballspielen. Und Igor ist wahrscheinlich elf. Vielleicht auch sieben oder vierzehn. Aber irgendwo in diesem Bereich hält er sich wohl auf.

Igor ist so ziemlich von der ersten Minute an Sympathieträger. Und das obwohl Igor ganz schön aufbrausend sein kein und regelmäßig Ärger mit denen von „da unten“. „Da unten“ und „da oben“, das sind im Prinzip die zwei wichtigsten Orte des ganzen Buches. Igor wohnt „da oben“ und seine Feinde wohnen folglicherweise „da unten“. Igor schimpft gerne laut. Aber fast noch lieber schimpft er viel.

Die Schrift in den Sprechblasen des Comics ist in Versalien geschrieben. Wenn Igor böse ist, werden die Buchstaben noch größer oder die Schriftfarbe noch dunkler. Das betrifft also in etwa 50% des Comics. Als er im Eifer des Gefechts von der schwarzgelockten Leila einen Kuss aufgedrückt bekommt, wird Igors Gesicht noch röter und er weiß nicht, ob er den Kuss irgendwie gut oder einfach nur „PUAAHH!!! DAS IST JA EKELHAFT WIDERLICH!!!“ finden soll.

Die Zeichnungen sind filigran und gleichermaßen ausdrucksstark. Die Farben stimmig gewählt. Und trotzdem: Igors Alltag ist gesäumt von Problemen. Das mag bei den wenigsten von uns anders sein, aber in Barus‘ Comic liest es sich aber ganz offensichtlich heraus: Probleme in der Schule. Probleme mit den Nachbarn. Probleme mit den Hühnern (=Mädchen). Probleme mit denen von „da unten“. Probleme mit der Mutter. Probleme wer nun eigentlich der echte Anführer ist…

Als am 4. Oktober 1957 in der damaligen Sowjetunion ein Satellit namens „Sputnik“ in die Umlaufbahn geschossen wird, beschließen Igor und seine Freunde ebenfalls eine Rakete auf den Mond zu schießen. Als Vorbild dient die Rakete von Professor Bienlein aus dem Comic „Tim und Struppi“. Doch wie schon fast zu erwarten war, ist es nicht unbedingt so einfach, eine Rakete zu bauen um diese dann auf den Mond zu schießen. Vor allem wenn man kein Schießpulver hat.

Kurzum Igor hat es nicht leicht. Dennoch strotzt die ganze Geschichte von Energie und Lebensfreude und ehrlich gesagt bekommt man zwischendurch auch ein bisschen Lust, sich im Dreck zu wälzen um sich anschließend ein bisschen prügeln zu gehen.

Wer Lust auf Igor und seine Alltagskämpfe bekommen hat,
kann „Die Sputnik-Jahre“ übrigens direkt hier bestellen. Oder hier bei Amazon.

Und bevor ich es vergesse, Quitzi findet ihr übrigens hier und hier. Und manchmal sagt er auch was im Fernsehen. Wo ich Quitzi aber fast am liebsten lese ist hier.

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